Millionen von Abonnenten, ohne wirklich etwas zu können? Influencer haben Sportler, Musiker und Schauspieler als Idole der Jugendlichen ersetzt. Was macht diese neuen Stars so besonders und kann eigentlich jeder Influencer werden?
Perfekter Körper, strahlend weißes Lächeln und Klamotten von angesagten Fashion-Brands: so präsentieren sich Influencer auf Instagram und Co. Sie sind damit Vorbilder für viele junge Menschen. Jugendliche setzen sich diesen Lifestyle als Traumziel. Wer würde nicht gerne an die exotischsten Orte reisen und in den teuersten Restaurants essen?
Aber ist dieser Lifestyle überhaupt echt oder nur Schauspiel? Oft wird das gar nicht hinterfragt und dann läuft man einem Ziel hinterher, das es gar nicht gibt. Ihr könnt euch bestimmt vorstellen, dass das für viele unerwartet endet. Und mit genau diesen unerwarteten Folgen wollen wir uns dieses Mal auseinandersetzen.
Wer sind aber eigentlich diese Leute, die davon leben, sich im Internet zu präsentieren?
Der Begriff Influencer kommt aus dem Englischen: “to influence” bedeutet etwas oder jemanden zu beeinflussen. Auch wenn das vielleicht nicht einleuchtend ist, passt diese Bezeichnung. Indem diese Internet-Persönlichkeiten ihren Tagesablauf teilen, beeinflussen sie Menschen. Teilweise werden Leute auch unterbewusst manipuliert.
Das lässt sich am besten an einem Beispiel zeigen: Ein Fitness-Modell filmt sich auf dem Laufband. Einem Fan fällt dabei die Jogginghose auf. Der Fan sucht in Onlineshops nach dieser Hose, um sie sich zu kaufen. Meist hat der Influencer direkt einen Link parat.
Influencer bekommen diesen Effekt natürlich mit, genauso wie viele Firmen. Und so entsteht eine Kooperation, die beiden Parteien zum Vorteil verhilft: Das Fitness-Modell bekommt Geld, um eine Jogginghose einer bestimmten Marke zu tragen. Die Firma verkauft mehr Exemplare dieser Hose, da das Modell auf die Marke aufmerksam macht. Beispielsweise wird in der Bildbeschreibung oder einem kurzen Videoclip darüber berichtet.
Warum aber klappt diese Werbung hier besser als bei manchen Werbespots im Fernsehen?
Influencer setzen viel daran einen möglichst erstrebenswerten Lifestyle zu präsentieren um interessant zu wirken und idolisiert werden. Viele Fans wünschen sich ähnlichen Luxus für sich selbst. Da unterscheiden sie sich kaum von anderen Stars aus Filmen, Sport und Musik.
Entscheidend ist aber, dass sie sich authentisch und echt zeigen. Sie berichten von alltäglichen Problemen, die ihre Fans ebenfalls haben. Ein Bußgeld wegen Falschparken, eine nervige Erkältung, Liebeskummer oder einfach am Vorabend zu tief ins Glas geschaut.
Man hat hier beinahe das Gefühl, einem Freund zuzuhören, mit dem man sich zum Plauschen getroffen hat. Und von einem Freund nimmt man eher die Empfehlung für eine Jogginghose an, als von einem Fußball-Star, den man zwar kennt, aber keine persönliche Bindung hat.
Das Geheimnis ist also, ein Idol und ein guter Freund zugleich zu sein. Als Fan muss dir aber klar sein: du kennst zwar dein Idol unfassbar gut, aber das Idol hat wahrscheinlich nicht die geringste Ahnung, dass es dich gibt. Dieses Prinzip nennt man parasoziale Beziehung. Warum das zur Gefahr werden kann, erfährst du gleich.
Du weißt also jetzt Bescheid darüber, was Influencer sind und warum sich Menschen für sie und ihr Leben interessieren. Und auf den ersten Blick wirkt es ungefährlich. Was ist schon so schlimm daran, einem Influencer dabei zuzusehen, wie er Sportkleidung vorstellt und bewertet oder von seinem Urlaub auf Bali berichtet?
Wir haben ja schon erklärt, warum Influencer sich schön und erfolgreich zeigen: sie wollen Idole sein! Unerreichbar, perfekt, fast schon übermenschlich. So weit so gut.
Problematisch wird es dann, wenn diese Personen gleichzeitig so tun, als wären sie perfekt und trotzdem normale Menschen. Ein Widerspruch in sich. Ein Sportler wie Cristiano Ronaldo ist in seinem Können fast unmöglich zu erreichen und das ist wahrscheinlich fast allen seinen Fans bewusst. Influencer dagegen sind nahbar und viele denken: “Das kann ich doch auch!”.
Und so werden Millionen junger Zuschauer dazu gebracht, unterbewusst selbst zu dieser perfekten Person werden zu wollen. Ein Streben nach absoluter Perfektion. Nasen werden bei Schönheits-OPs gerichtet, teure Autos werden nur für eine Fotosession gemietet, Luxusuhren sind oft gefälscht. Und vor allem werden Bildbearbeitung und Fotofilter genutzt. Sattere Farben für die Strandbräune, Weichzeichner um Falten zu kaschieren und mit Photoshop werden nachträglich die weiblichen Kurven oder die Konturen beim Mann optimiert.
Und all diese falschen Eigenschaften setzten sich Jugendliche als Standards für sich selbst, ohne sie zu hinterfragen. Und hier beginnt das Problem. Das Problem, mit dem viele überfordert sind, für die das Phänomen Influencer noch neu ist.
Mutti versteht nicht, warum du diesen einen Hoodie brauchst und nicht den, der ähnlich aussieht, und oben drauf auch noch günstiger ist!
Was sind also diese Gefahren und worauf kannst du achten, um dich diesen Gefahren nicht auszusetzen?
Wir kehren zurück zu den parasozialen Beziehungen. Bei einer britischen Studie aus diesem Jahr wurde herausgefunden, dass über die Hälfte* der Befragten in einer parasozialen Beziehung zu einem Influencer stecken. Einige gingen sogar so weit und schätzten diese “Beziehung” zu dem Idol, im Vergleich zu einem Bekannten, als wichtiger ein.
Dieses Verhalten führte in einigen Fällen sogar dazu, dass Fans ihr Idol mit Stalking belästigten. Du magst diese Person schon seit Jahren kennen und erfährst jeden Tag Neues über sie, für sie bist du aber ein Fremder. Und wenn ein Fremder vor deiner Wohnung stehen würde und sagt, er kennt dich doch gut, was würdest du dann tun? Du würdest ihn für verrückt halten und aus Angst vielleicht sogar die Polizei rufen.
Und das kann für manche begeisterte Anhänger zum echten Problem werden. Fans mit einer extremen parasozialen Beziehung zu ihrem Idol überschreiten Grenzen, begeben sich in Gefahr oder verstoßen gegen Gesetze.
Wenn man also großer Fan von jemandem ist, sollte man überlegen, was die Polizei dazu zu sagen hat und wie das Idol einen wahrnehmen würde, bevor man vor seinem Hotel campiert.
Und falls du deinen Star nur aus der Ferne vergötterst, bist du leider auch nicht komplett vor Risiken geschützt. Stichwort: Falschen Vorbildern hinterherrennen.
Überleg mal: Was würde es mit dir machen, wenn du ständig Schulaufgaben bearbeiten musst, die aber einfach nicht zu lösen sind. Du wärst höchstwahrscheinlich frustriert, unmotiviert und wütend oder unzufrieden, oder? Warum nicht alles auf einmal!
Ähnliches passiert, wenn du dich mit einem Influencer vergleichst, der sich perfekt zeigt. Du setzt dir ein Ziel, welches nicht einmal für die, die es leben können, realistisch ist. Nicht ohne Grund sind ernstzunehmende Krankheiten wie Depressionen oder Essstörungen auf einem Rekordhoch.
Dein Leben wirkt langweilig im Vergleich und du fühlst dich minderwertig? Dein Star tritt täglich mit neuen Outfits vor die Kamera, aber dein Portmonee gibt das vielleicht nur ein Mal im Monat her? Du machst täglich Sport, eine Diät nach der anderen, aber die Sanduhr-Figur lässt sich Zeit?
Und das ist vollkommen in Ordnung! Niemand ist perfekt und du musst es auch nicht sein.
Sei stolz auf das, was du kannst und erreicht hast! Deine Freunde und Eltern werden dich unterstützen und mögen dich auch, wenn du kein Sixpack hast.
Es ist wichtig, sich Ziele zu setzen und Vorbilder zu haben. Sie dienen zur Orientierung, Inspiration und Motivation. Dabei sind Influencer nicht zwingend schlechte Vorbilder. Viele von ihnen vertreten tolle Werte und versuchen nicht zwanghaft perfekt zu wirken. Wir wollen auch keinesfalls Influencer verteufeln. Wir wollen dir aber vermitteln: Lass dich nicht blenden! Sei auch mal kritisch gegenüber deinen Idolen! Und vor allem: Sei nicht zu kritisch mit dir selbst, du bist super so wie du bist!