3 Min. Lesezeit

Lehrermangel - Warum will keiner mehr Lehrer werden?

Lehrermangel - Warum will keiner mehr Lehrer werden?

Bundesweit steigen die Zahlen an Schulanfängern stetig und die benötigten Lehrer fehlen. Aber wie kommt es dazu und wie können wir dem Lehrermangel entgegentreten?

 

Inhalt


LeviThias Cube Club Online gestresster Lehrer

 

Der Status Quo

Das Problem ist allseits bekannt und ersichtlich: in den Klassenräumen sind kaum noch Tische und Stühle frei, kein Wunder bei bis zu 30 Schülern pro Klasse. Und um diese gigantischen Klassen kümmert sich im Regelfall nur ein Lehrer. Nicht überraschend, dass sich manche Schüler vernachlässigt fühlen, weil sie von der Lehrkraft zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Das Resultat sind schlechtere Leistungen als in Klassen mit weniger Schülern. Der Grund dafür: Diese Lehrer haben kaum noch Zeit, auf individuelle Fragen einzugehen und Sachverhalte erneut im Einzelgespräch zu erläutern.

Und jetzt der logische Lösungsansatz: Wir brauchen mehr Lehrer! Im vergangenen Schuljahr blieben bundesweit etwa 12.000 Stellen für Lehrer unbesetzt, so die Kultusministerien. Diese Zahlen sind wahrscheinlich auch durch die Ministerien “geschönt”. Experten des Lehrerverbands schätzen die Zahl an fehlenden Lehrern auf einen Wert von 32.000 bis 40.000

Die Schulen reagieren: Sie setzen Eltern und Leute aus anderen Branchen als Lernhilfen und stellen Quereinsteiger als Lehrer ein. Das hilft zwar temporär, aber löst nicht das Problem. Und die Fragen bleiben bestehen: Warum wollen so wenige Lehrer werden und wie kann der Beruf des Lehrers wieder attraktiv gemacht werden?    

LeviThias Cube Club Online Lehrer demonstrieren

 

Das Problem 

Lehrer sind nicht einfach Lehrer! Sie müssen Experten in ihrem Fachgebiet sein, gleichzeitig müssen sie als Erzieher das soziale Gefüge und die Regeln der Klasse kontrollieren. Sie suchen nach Übungen und verfassen Leistungskontrollen, die den Lehrplan abbilden, aber auch an das Leistungsniveau der Klasse oder einzelnen Schüler angepasst sind. Natürlich wird von ihnen auch erwartet, dass sie die Lerninhalte verständlich transportieren. Neben all dem kommen aber auch noch kleinere Aufgaben wie die Organisation von Veranstaltungen wie Klassenfahrten oder Elternabende, die Kontrolle von Leistungskontrolle, Planung von Unterrichtsstunden oder einfach ein offenes Ohr für Probleme der Schüler zu haben auf sie zu. 

Ein unfassbar weitreichendes Aufgabenfeld, welches deutlich mehr Zeit in Anspruch nimmt als eine 40-Stunden-Woche, begleitet von körperlich und seelischem Stress. Nicht ohne Grund wird im Studium für Lehramt die Prävention von Krankheiten wie Burn Out behandelt. Beim Schulbarometer 2024, einer Studie, bei der bundesweit Lehrer befragt werden, kam heraus, dass ein Drittel aller Lehrer Symptome von Burnout zeigen. 

Und bekommen die Menschen in diesem Berufsfeld die Anerkennung, die sie verdienen? Beim monetären Aspekt sieht es gar nicht so verkehrt aus. Lehrer erhalten zum Einstieg ein monatliches Bruttogehalt von ca. 4500 Euro, je nach Bundesland. Zusätzlich kann man sich entscheiden, Beamter zu werden und kann somit nicht gekündigt werden. Leider ist es bei der gesellschaftlichen Anerkennung deutlich schlechter. 

In einer Umfrage aus diesem Jahr wird aufgeführt, welche Berufe nach Meinung der Befragten ein hohes Ansehen haben. Die Liste wird angeführt von Feuerwehrleuten und Berufen aus dem medizinischen Sektor (Kranken- und Altenpfleger sowie Ärzte). Der Beruf Lehrer schafft es mit 66% gerade so auf den 10.Platz knapp vor Soldaten und hinter Technikern. Das heißt, jeder Dritte denkt, dass Lehrer kein angesehener Beruf ist. Wenn man sich jetzt darüber klar wird, dass diese Berufsgruppe beinahe die komplette Last der Bildung aller Kinder trägt und davon das Fortbestehen und die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft abhängt, sollte man zu dem Schluss kommen, dass diese 66% einfach zu wenig sind.

Wir fassen zusammen: Lehrer haben einen sehr zeitintensiven und stressigen Job, der wenig Platz für Erholung bietet. Urlaub gibt es nur während der Schulferien, die Bezahlung ist bei dem Arbeitsaufwand gerade so noch angemessen und die Anerkennung seitens der restlichen Bevölkerung sollte auch besser ausfallen. Bei der Bedeutsamkeit dieses Berufs gibt es also verhältnismäßig wenige Faktoren, die die Lehrertätigkeit attraktiv machen. Also ist es nicht verwunderlich, dass so wenige noch Lust auf den Beruf haben. Wie legen wir diese Verdrossenheit ab?

LeviThias Cube Club Online Lehrer und Schüler glücklich

 

Ansätze zur Problemlösung

Viele Lehrer fordern eine Senkung der Arbeitszeiten und mehr Geld, nicht nur für sie, sondern auch für die Schulen. Moderne Gebäude und Einrichtungen erzeugen ein angemessenes Arbeits- und Lernklima. Viele wünschen sich mehr Zeit! Mehr Zeit um auf individuelle Probleme einzugehen und mehr Zeit, die Beziehung mit ihren Schülern zu pflegen. 

Dabei könnte unterstützendes Personal wie Unterrichtshilfe oder Schulbegleiter helfen. Stefan Düll, Präsident des Lehrerverbandes, sieht viele Baustellen. Laut ihm seien viele Lehrer in Teilzeit und würden ihre Arbeitsstunden erhöhen, wenn die Arbeitsbedingungen besser werden. Gute Arbeitsbedingungen hängen aber nicht nur von Gehalt und Stundenzahl ab.   

Mehr Geld und weniger zu leistende Unterrichtsstunden würden zwar die akuten Symptome wie Stress lindern, lösen aber das Problem nicht. Andreas Schleicher ist Bildungsforscher und Direktor für Bildung und Kompetenzen bei der Organisation for Economic Co-operation and Development (kurz: OECD), zu deutsch: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Er klagt an, dass Lehrer in einem starren und fremdbestimmten System agieren müssen. Lehrpläne werden vom Kultusministerium vorgegeben. Teilweise gilt das auch für Lehrmethoden. Schleicher fordert mit Blick auf die Niederlande ein Umdenken: Mehr professionelle Autonomie und eine Kooperationskultur. Lehrer sollten mehr Entscheidungen selbst im Klassenraum treffen, sie sollten Bildungsstandards und Lehrpläne entwerfen oder mitgestalten, Methoden und Inhalte sollten in Kooperation mit anderen Lehrern (auf nationaler und internationaler Ebene) kritisch hinterfragt und verbessert werden. 

Wir sollten Lehrer nicht nur als Dienstleister sehen, sondern als Experten in ihren Fachgebieten. Diese Expertise sollte Freiheiten ermöglichen, denn diese machen den Lehrerberuf wirklich attraktiver.  

 

Fazit

Der Lehrerberuf ist einer der wichtigsten Jobs. Sie erziehen und bilden die Zukunft für die Gesellschaft aus. Dafür leisten sie massig viele Arbeitsstunden, setzen sich Stress aus und bekommen nicht die Anerkennung, die sie verdienen. Ein Drittel zeigt Burnout-Symptome und kaum neue Lehrer rücken nach. Um diesen Beruf attraktiver zu machen, braucht es ein Umdenken in Sachen Anerkennung, Belohnung, Vertrauen und Freiheiten. Denn: Glückliche, motivierte Lehrer erziehen glückliche, motivierte Schüler. 

Chancen digitaler Medien - Lehrer, Freund und Vorbild in einem

Chancen digitaler Medien - Lehrer, Freund und Vorbild in einem

Digitale Medien begeistern uns: von YouTube, über Instagram, bis Fortnite! Sind die wirklich so gefährlich wie deine Eltern sagen? Und was haben wir...

Read More
Hilfe! Mein Kind tut sich weh! - Teil 1: Was ist Selbstverletzung?

Hilfe! Mein Kind tut sich weh! - Teil 1: Was ist Selbstverletzung?

Es ist ein Horrorszenario, vor dem sich viele Eltern fürchten: Ihr Kind weist Schnittwunden am Körper auf und hat sich diese auch selbst zugefügt....

Read More
Hilfe! Mein Kind tut sich weh! - Teil 2: Was kann ich tun?

Hilfe! Mein Kind tut sich weh! - Teil 2: Was kann ich tun?

Ihr Kind zeigt Spuren von selbstverletzenden Verhalten? Lassen Sie es damit nicht alleine und hilflos lassen. Nun die Frage: Wie können Sie passende...

Read More